Basel
Ich war letztes Wochenende in Basel. Eine wunderbare Stadt. Kulturell, kulinarisch… sehr vielseitig und auch international kam sie mir vor. Konnte mich im Kunstmuseum kaum sattschauen… Irgendwann war ich so voll mit Eindrücken, dass ich sogar einen Stock ausliess. Alles wirkte so intensiv. Ich erlebte ein Gefühl der Freiheit. Das passiert mir in Städten oft… Es scheint mir jeweils, als ob die Menschen da so sein dürfen, wie sie sind und als ob der Kreativität kaum Grenzen gesetzt sind. Ich weiss, dass das auch in der Stadt nicht überall so ist. Aber ich meine eine Grundhaltung der Toleranz zu spüren. Was wunderbar ist.
Kurze Tipps
Kunstmuseum Basel / Cartoonmuseum Basel / SILO Basel / Restaurant ZaZaa
Doch um die Stadt selber geht es hier nicht. Wobei sie sicherlich auch einen ihr gewidmeten Text verdienen würde. Wer weiss, kommt vielleicht noch! :-)
Ich habe vor einigen Wochen begonnen, einen Blogtext zu einem anderen Thema zu schreiben. Der Titel lautete
#metoo
Ich tat mich schwer. Ich wollte, dass die Dinge genau so klingen, wie ich sie meine. Und dass der Raum für Missverständnisse klein ist. (Er ist immer da, aber ich wollte ihn echt mückenklein…) Deshalb liess ich den Text einige Zeit ruhen.
Doch am Sonntag fand eine Demo statt, welche mich an meinen angefangenen Blogtext erinnerte und ich wusste, dass es an der Zeit ist, diesen zu Ende zu bringen. Es handelt sich um ein sehr sensibles Thema.
Dieses Herzensthema zeigte sich an eben dieser Demo, in welcher gegen die Milderung eines Gerichtsurteils demonstriert wurde. Ein Vergewaltiger erhielt eine Reduktion seiner Gefängnisstrafe, weil das Opfer sich vor dem Sexualdelikt “provozierend” verhalten habe. Dies habe man bei der Berechnung des Strafmasses berücksichtigt und deshalb das Urteil gemildert.
Ich habe weiter recherchiert und bin darauf gestossen, dass diese Reduktion üblich sei. Es werde das Verhalten des Opfers miteinbezogen, dies sei normal. Und dieses habe an diesem Abend “mit dem Feuer gespielt”, weil sie zuvor bereits mit einem anderen Mann intim wurde. Zusätzlich war die Dauer des Übergriffs sehr kurz, nur 11 Minuten. Dies werde auch ins Urteil miteinbezogen (Quellen: SRF, Tagesanzeiger).
Die Recherchen stimmten mich nachdenklich. Ist die Dauer eines Übergriffs entscheidend? Ist es entscheidend, ob die Person Haut zeigt oder einen anderen Mann/eine andere Frau küsst? Wirklich?
Ist der Schaden, welcher beim Opfer angerichtet wird, kleiner, wenn der Übergriff kürzer dauert? Ich wär mir da nicht so sicher…
Und nun folgt der Text, welchen ich grossteils bereits vor der Demo geschrieben habe. Welcher aber genau diese so schwierige und so berührende Thematik anspricht.
NUR JA BEDEUTET JA. EGAL WAS WIR TRAGEN ODER WO WIR HINGEHEN, ES IST NICHT UNSERE SCHULD.
#metoo, heute darf man ja gar nichts mehr machen und jede Frau fühlt sich gerade als “HASHTAG METOO” oder? Ja, ist doch so. Wollen nur AUFMERKSAMKEIT. Jetzt plötzlich hat jede Frau das Gefühl, sie sei belästigt worden oder was? Hand aufs Herz, wer hat diese Worte irgendwo im Umfeld auch aufgeschnappt? Ich jedenfalls hörte sie.
Hintergrund: Nachdem erste Schauspielerinnen sich im Jahr 2017 getrauten, den Regisseur Weinstein aufgrund sexueller Belästigungen zu beschuldigen, verbreitete sich der #metoo sehr schnell. Viele Frauen schlossen sich den Schauspielerinnen an und veröffentlichten teilweise ihre persönlichen Geschichten, in welchen sie sexuelle Belästigung erlebt hatten. Manche schlossen sich schlicht an und sagten, ihnen sei es auch schon passiert, ohne Details preiszugeben. Diese Veröffentlichungen verbreiteten sich im Netz. Zum Teil passierten die Übergriffe während der Arbeit. Die Schauspielerinnen wurden unter Druck gesetzt. Ihnen wurden bestimmte Dinge versprochen. Jobs versprochen. Erfolg. Und dafür mussten halt nun mal Opfer gebracht werden… Männer wie Weinstein nutzten ihre Machtposition aus.
Zur Begriffsklärung
“Als sexuelle Belästigung gelten unter anderem sexualisierende Bemerkungen und Handlungen, die entwürdigend bzw. beschämend wirken, unerwünschte körperliche Annäherung, Annäherungen in Verbindung mit Versprechen von Belohnungen und/oder Androhung von Repressionen”.
Kritische Stimmen: Ja genau, jetzt kommen plötzlich alle?
Ja. Beziehungsweise: Nein. Es gibt immer noch eine hohe Dunkelziffer an erlebten sexuellen Übergriffen oder Belästigungen, welche nie offiziell gemeldet wurde.
Ist es vielleicht auch möglich, dass sich viele Frauen nach dem Weinstein-skandal erstmals getrauten, über das Erlebte zu sprechen? Dass sie sich durch #metoo erstmals nicht mehr alleine fühlten. Dass sie zuvor Angst vor der Reaktion der anderen oder möglicherweise des betroffenen Täters hatten? Oder eben Angst, den Job zu verlieren, wenn dies im Arbeitssetting geschah? Dass sie sich geschämt haben? Schuldig gefühlt haben? Und stattdessen anstatt es zu melden, verwirrt, verletzt, verängstigt ihre Weiblichkeit gar nicht mehr richtig ausgelebt haben? Weil sie dachten, bereits das Zeigen der Beine oder der Figur liesse dem armen Täter dann keine andere Wahl als übergriffig zu werden? Kann es sein, dass der #metoo eine Chance war für viele Frauen, sich ein Stück weit aus der Schockstarre zu befreien und zumindest der Welt zu sagen, dass die Anzahl sexueller Übergriffe auf der ganzen Welt erschreckend hoch ist?
Oder kommen diese anzüglichen Sprüche halt einfach so aus dem Mund? Diese sollen nicht überbewertet werden, ist doch halb so schlimm. Die Hand bewegt sich dann halt einfach irgendwohin. Ohne dass sie das wollen. Weisch. “Sie heds jo provoziert”.
Solche Aussagen, die die sexuellen Übergriffe, seien sie verbal oder körperlich, verharmlosen, verbreiteten sich aus meiner Sicht fast so schnell wie der Hashtag.
Ich verstehe das nicht. Denn ein Übergriff ist nie übertrieben und soll verharmlost werden. Jede/r hat ein Recht auf Freiheit. Ob man seinen Körper zeigen will oder nicht. Jeder Mensch hat das Recht mit seinem Körper zu tun und zu lassen war er/sie möchte. Ohne sich rechtfertigen zu müssen. Und ohne sich zu schämen. Wenn eine Frau mit kurzem Rock in den Ausgang möchte, ist das ihr Recht! Und es ist ihr Körper. Über den einzig und allein sie entscheidet. Kein Flirt und kein Ausschnitt rechtfertigt auch nur im geringsten übergriffiges Verhalten eines anderen.
Schon nur dies hier aufzuschreiben bringt Emotionen in mir hoch. Und die Kernaussage dazu ist: NIEMAND muss seinen Körper verstecken, weil es jemanden womöglich antörnt. Keine Frau muss sich schuldig fühlen, im Sommer kurze Hosen zu tragen oder im Bikini herumzulaufen. Das gibt verdammt nochmal niemandem das Recht, übergriffiges Verhalten aufgrund der “Freizügigkeit” der Frau zu entschuldigen. Nie. Auch verbale Übergriffe sind Übergriffe. Und das Ganze kann auch anders rum sein. Auch Männer können belästigt werden. Bitte bezieht es immer auf beide Geschlechter, auch wenn ich oben die Frau als Beispiel nehme.
Aussagen, welche #metoo als übertrieben abtaten, fand ich zu Beginn extrem verwirrend. War das Ganze tatsächlich übertrieben? Ich musste meine Gedanken dazu zuerst selber einordnen. Und im nachhinein finde ich es einfach nur frech, herablassend und respektlos, es als übertrieben zu betiteln. Ich schäme mich schon fast dafür, dass ich einen kurzen Moment gebraucht habe, um mir eine eigene Meinung zu bilden. Jede/jeder hat das Recht für ihren/seinen Körper einzustehen und niemand muss sexuelle Belästigung einfach so hinnehmen. Auch wenn dies “nur” verbal war. Auch wenn dies “nur” eine Hand war, die eine Sekunde zu lange auf dem Oberschenkel verharrte und sie dies nicht wollte. Denn das ist nicht NUR! Das ist nicht NÖTIG. Und schon gar nicht ist man dann SCHULD.